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 Betreff des Beitrags: Old Ivy Avenue 7
BeitragVerfasst: Sa 19. Jun 2010, 21:31 
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Dae lief. Obwohl sie müde war, lief sie weiter. Sie wollte nach Hause, einfach nur in ihr Bett. Sie hatte morgen soviel zu tun. Sie musste dringend heim. Sie lief die Straße in der Innenstadt entlang, die sie sonst zum Einkaufen nutzte. Ein leichter Schmerz pochte in ihr, aber sie wollte jetzt trotzdem nach Hause. Plötzlich brach der Schmerz über sie hinweg und die Welt verschwamm vor ihren Augen. Keuchend hielt sie inne, presste die Hand auf die schmerzende Schulter. Ihr Kopf und ihre Schultern schmerzten, ihr linker Arm ließ sich überhaupt nicht bewegen, auch ihre Seite schmerzte. Der Schmerz wurde immer stärker, bis Dae sich krümmte und scharf einatmete. Etwas bewegte sich kitzelnd über ihre Stirn und Wange. Dae nahm die Hand von der Schulter, um aufzufangen, was da fiel. Rote Tropfen fielen in ihre rote Hand. Dae starrte sie an. Wie betäubt richtete sie sich auf und sah in den Spiegel im Schaufenster des Friseursalons, neben dem sie zum Stehen gekommen war. Und starrte sich an. Ihre Kleidung war voller Blut. Es kam aus einem Kratzer in ihrer Wange, lief vom Kopf her über ihr Gesicht, aus einer tiefen Bisswunde in ihrer Schulter, den Kratzern auf der Anderen und einer Wunde an ihrer Seite. Ihr linker Arm war komplett verdreht und schmerzte. Auch ihr Rücken war voller Blut, sie zitterte. Niemand auf der Straße reagierte auf sie, auf die Bluspur. Sie starrte ihr Spiegelbild an. Dann öffnete sie den Mund, um zu schreien.
Dae öffnete die Augen ruckartig. Es war angenehm dunkel und kühl. Das Bett, auf dem sie lag, stand in einem Raum mit Fenster, Tisch, Stuhl und Schrank, ein Nachttisch neben dem Bett. Auf dem Stuhl saß die junge Frau aus der Gasse und Dae konnte sie endlich richtig sehen. Sie hatte rotes Haar, grüne Augen und war schlank gebaut. Ihre Hände wirkten nicht so, als würde sie sie oft für rohe Arbeiten benutzen. Sie war blaß und wirkte besorgt. Jetzt lächelte sie. „Ganz ruhig, Schatten, bleibe liegen und ruh dich aus. Du bist bei mir und sicher.“ Dae sah sich an, hob den linken Arm und starrte auf ihre ihre Handfläche. Sah dann auf die Frau. „Wer seit Ihr?“ fragte sie und spürte, das ihre Gedanken seltsam wanderten 'Was ist passiert?'
„Nenn mich Mina Greens, mein Schatten. Ich hörte dich und kam dir zur Hilfe in der Gasse, erinnerst du dich?“ Dae nickte. „Ja, jemand... etwas hat mich angegriffen.“ Die Frau lächelte. „Genau. Doch noch kenne ich nicht den Namen meines Schattenkindes.“ Dae setzte sich vorsichtig auf und sah sie an. 'Wovon redet sie nur, ich versteh das nicht.'
„Mein Name ist Dae Aaron, aber... warum 'dein' Kind? Und was war das für ein Wesen? Und wie... habt ihr es geschafft, das mein Arm wieder ganz ist?“ Mina sah sie an und eine gewissen Reue lag in ihrem Blick. „Was dich angriff war ein Nachtjäger, die Menschen gaben und den Namen 'Vampire'. Und nur retten konnte ich dich, indem ich dich zu dem machte, was ich bin. Dein Körper heilte alle Wunden selbst.“ Dae starrte sie an. Dann sprang sie auf, riss den Schrank auf und besah sich in dem Spiegel an der Tür. Sie zog das T-Shirt, das sie trug, über den Kopf und warf es auf den Boden. Narben zogen sich über ihre linke Schulter, über das Schlüsselbein, fast bis zur Brust, aber sie verschwanden noch nicht in Daes Unterwäsche. Die Bisswunde war nur noch zwei nadelstichgroße rote Stellen auf ihrem Hals und der Schulter, der Arm wieder richtig rum, alles wieder in Ordnung. Sie sah sich an, drehte sich um sich selbst. Dann öffnete sie den Mund und sah sich die Zähne mit meiner Mischung aus Entsetzen und Fasziniation an. Mina sah zu. „Du sagtest, du wolltest nicht sterben. Und das war unsere einzige Option.“ Dae drehte sich zu ihr um. „Warum habt ihr keinen Arzt gerufen?“
„Wir mussten auf die Maskerade achten, Schatten.“ Dae setzte sich wieder auf das Bett und zog das T-Shirt wieder an. Es war nicht ihres. „Die Maskerade?“ fragte sie. Mina erklärte es ihr. Was die Maskerade war und was die Camarilla war, wie man als Vampir in dieser Welt lebte und auf was man achten musste. Dae schwirrte der angeschlagene Kopf, aber sie verstand zumindest alles. Mina wirkte etwas reumütig. „Ich bin betroffen, das ich dich herausreiße aus deiner Welt, doch wie hätte ich dich sterben lassen können?“ Dae nickte. „Ich verstehe das.“ Sie wollte der Frau keinen Vorwurf machen, wie auch? Hätte sie in der Situation anders gehandelt? Vermutlich nicht. „Wer war der Mann bei dir?“ fragte sie dann. Minas Gesicht hellte sich auf. „Mein Augenstern, Rick. Er ist mein Ein und Alles.“
„Dein Freund?“ Sie nickte. „Und jetzt?“ fragte Dae. Mina lächelte sanft. „Wo lebtest du, dann werden wir deine Sachen holen lassen. Oder das, was du brauchst.“ Dae nickte und zählte ein bisschen was auf. Mina nickte. Dae sah sie an. „Was passiert jetzt mit mir?“ Mina stand auf. „Nunja, Kraft sammeln musst du, mein Kind. Dann melden wir dich morgen an. Ich bin ab dann aus deine Mutter.“ Dae nickte. Sie war müde. Und froh, das sie sich wieder hinlegen konnte. Mina versicherte sich mit einem Blick, das das Fenster kein Licht durchließ und ging hinaus. Dae wollte nachdenken, über alles, was jetzt passiert war und kommen würde, aber sie war zu müde und schlief viel zu schnell wieder ein.

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Zuletzt geändert von Dae Aaron am Di 26. Apr 2011, 21:42, insgesamt 1-mal geändert.

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Verfasst: Sa 19. Jun 2010, 21:31 


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 Betreff des Beitrags: Re: Old Ivy Avenue 7
BeitragVerfasst: Mi 23. Jun 2010, 20:39 
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Dae erwachte müde. Sie setzte sich auf und rieb sich die Augen. Ihr war ganz komisch zu Mute. 'Was ist passiert? Wo bin ich denn hier?' Sie sah sich um. Schleppend kamen die Erinnerungen zurück. Dae wurde wieder kalt. Sie tastete mit der Zunge nach den Zähnen. Sie waren spitz und fühlten sich sehr sauber an. Dae blieb sitzen. Ihre Sehkraft war wesentlich stärker geworden, aber sie starrte nur ins Leere. Erst jetzt wurde ihr wirklich bewusst, was passiert war. 'Ich wäre fast gestorben.' Nein, nicht fast... sie war gestorben. Und sie konnte nie wieder zurück. Dae biss die Zähne zusammen, aber das half auch nichts. Nie wieder zurück... 'Es macht keinen Unterschied. Wäre ich nicht das geworden, was ich jetzt bin, wäre ich tot.' So war sie zumindest noch auf dieser Erde und konnte.... Ja, was konnte sie? Sie wusste es nicht. Sie rieb sich noch einmal die Augen, dann hörte sie Schritte. Als es klopfte, bat sie leise herein. Es war Mina. „Was sagen Körper und Geist dir, meine Tochter?“ fragte sie vorsichtig und leise. Dae lächelte sie sanft an. „Es geht mir gut.“ Mina sah sie prüfend an. „Fühlst du dich bereit, ein voller Nachtjäger zu werden?“ Dae dachte nach. Sie fühlte sich erstaunlich gut, aber seltsam. Ausgelaugt. Als wäre sie hungrig. Sie nickte. „Ja, ich denke schon.“ Mina half ihr beim Aufstehen. Einen Moment stand Dae ziemlich wackelig da, dann ging es. „Leider ist deine Kleidung ein Käse. Warte.“ Mina öffnete den Schrank, stöberte einen Moment und reichte ihr dann ein Kleid und ein paar hoher Socken. Dae sah sie abschätzend an. „Sie wirken besser an jemandem.“ sagte Mina. Sie legte noch ein paar Sachen zurecht. „Ich warte im Raum des Alltags auf dich.“ Damit ging sie hinaus und Dae brauchte einen Moment, um zu verstehen, das sie das Wohnzimmer meinte. Sie zog sich um und besah sich im Spiegel. Das Kleid unterstrich etwas ihre Ähnlichkeit mit einer Porzelanpuppe. 'Naja, was solls? Mir gefällts und bequem ist es auch.' Sie verließ ihr Zimmer und wunderte sich, wie schnell sich ihre Augen an wechselnde Licht- und Schattensituationen gewöhnten. Die Welt um sie herum wirkte schärfer, lauter, roch mehr und anders und schien viel viel größer. Im Wohnzimmer saß Mina auf einem Sofa. Der Weg dahin war kurz: Aus ihrer Zimmertür heraus in einen Flur, der wie ein auf dem Kopf stehendens L geformt war, gerade aus und dann rechts durch die offene Schiebetür. Das Wohnzimmer beinhaltete Tisch, Sessel, Couch, Regale und eine Kommode. Mina drehte sich zu ihr um. Im Sessel saß ein junger Mann mit schmutzig-blonden Haaren, der Dae bekannt vorkam. Mina deutete auf ihn. „Dae, dies ist Rick. Mein Engel.“ Rick stand auf und kam zu ihr herüber. „Wie geht es dir?“ fragte er. „Sehr viel besser, danke.“ gab Dae zurück. Mina deutete auf den Tisch. „Du solltest etwas essen, mein Schatten. Du warst lange ohne Bewusstsein.“ Dae starrte auf den Tisch. Mina hatte ein paar Blutkonserven dort liegen. Rick sah sie an. „Bald kümmert es dich nicht mehr.“ Aber Dae glaubte nicht, das sie sich so schnell daran gewöhnen würde. Sie wusste nicht mal, ob sie das hier jetzt tatsächlich trinken konnte. Mina und Rick tauschten Blicke und Rick bugsierte sie sanft auf die Couch neben Mina. „Ich weiß, dies ist schwer zu tun, aber notwendig. Du willst doch nicht gehen, oder?“ Dae sah sie an. „Ich... ich weiß nicht, ob ich das kann. Ich meine... ich bin doch ein Mensch, ich kann doch nicht etwas essen, was von einem anderen Menschen kommt!“ Rick sprach leise. „Du bist aber kein Tageskind mehr, Dae. Du bist jetzt ein Nachtjäger, ein Vampir. Das hier ist jetzt normal.“ Sie sah ihn an. „Ich weiß nicht...“ Mina schüttelte den Kopf. „Sie braucht Zeit, Rick. Brauchten wir alle am Anfang. Hier, ein Trick.“ Mina stand auf und holte ein Glas aus der Küche, die direkt an das Wohnzimmer anschloß. Sie füllte das Blut um. Reichte Dae das Glas. „So besser?“ Dae sah es an, dann nahm sie es. „Etwas.“ Aber sie musste sich trotzdem dazu überreden, das Blut auch tatsächlich zu trinken. Danach ging es ihr tatsächlich besser. Mina sah sie an. „Wir werden zum Dunklen Turm gehen müssen, um dich anzumelden.“ sagte sie. Dae wunderte sich über den Ausdruck. Rick stand auf. „Ich fahre.“ Mina nahm den Wohnungsschlüssel. „Komm, mein Schatten.“ Sie schloß die Tür hinter Dae ab und brachte sie in die Auffahrt. Dae setzte sich auf die Rückbank von Ricks blauem Nissan Primera und sie rollten, Kies unter den Reifen knirschend, aus der Einfahrt und in die Innenstadt.

Dae ---> Black Crystal Builiding

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 Betreff des Beitrags: Re: Old Ivy Avenue 7
BeitragVerfasst: Mi 1. Dez 2010, 19:29 
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Dae <-----Black Chrystal Tower

Sie unterhielten sich noch, als Mina die Tür aufschloß. Dae zog die Schuhe aus, die Hausschuhe an und blieb im Flur einen Moment vor dem Spiegel stehen. Es war nie ihre Art gewesen, lange vor dem Spiegel zu stehen, so eitel war sie nicht gewesen, aber jetzt musterte sie ihr Gesicht aufmerksam. 'Wie blaß ich geworden bin! Dabei hat Meg sich so eine Mühe gegeben, mich aufzupäppeln. Aber vielleicht liegt das daran, das ich kein Mensch mehr bin.' Rick war Mina in die Küche gefolgt. Es roch nach frischem Kaffee. "Bald wird das Licht herrschen, Dae. Möchtest du dich ausruhen?" Dae hatte inzwischen die Tür zu ihrem Zimmer geöffnet und war im Rahmen stehen geblieben. "Naja," gab sie zurück, "ich denke, zuerst kümmere ich mich um das Gerümpel. Oder zumindest um einen Teil." Ihr Zimmer stand noch voll mit Kartons. Minas Lachen war leise aus der Küche zu hören. "Tu dies, ich komme dir gleich helfen." Dae lächelte, zog die Tür hinter sich zu und knipste das Licht an. Sie hätte es nicht gemusst, sie sah im Dunkeln ausgezeichnet, aber naja... die Macht der Gewohnheit. Dae fuhr sich durch die Haare, dann beschloss sie, nicht im Kleid aufzuräumen. Sie zog es aus und öffnete den Schrank. Dabie flackerte das Licht im Spiegel. Erneut blieb Dae stehen und sah sich die Narbe an. Sie sah gruselig aus, fand das Mädchen zumindest. Sie hing das Kleid sauber in den noch relativ leeren Schrank und zog eine bequeme Stoffhose und einen Pullover aus einem der Kartons. Dann sah sie sich um. So viele Sachen hatte sie nicht besessen, die einfach verschwinden konnten, ohne das es jemandem auffiel. Also beschloß sie, zuerst ihre Klamotten in den Schrank zu räumen. Das dauerte nicht lange, denn viel war nicht herangeschafft worden. Mina hatte viele Sachen neu gekauft. Dae schloß die Tür. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie die Bewegung am Fenster und drehte sich schnell um. Sie wusste auch nicht, was sie erwartet hatte, ein Monster? Jetzt starrte sie durch das Glas. "Travis!" Akkarins grauer Kater legte die Pfötchen an das Glas und sah sie eindringlich an. Lass mich doch rein. Dae war mit zwei Schritten am Bett, kniete sich darauf, riss das Fenster sperrangelweit auf und Travis hüpfte zufrieden auf ihren Schoß. Dae ließ die Finger über seinen Rücken gleiten. "Bist du aber groß geworden, mein Junge..." sagte sie. Sie erinnerte sich an das verspielte Kätzchen, das er vor drei Jahren gewesen war, immer darauf aus, alle mögliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Der Kater schnurrte beständig, umkreiste das Mädchen zwei Mal, dann sprang er zurück auf ihren Schoß, rieb seinen Kopf an ihrem bauch, rollte sich dann auf den Rücken. Sanft kraulte Dae ihm den Bauch. Er hieb mit der Pfote nach ihren Haaren und schnurrte dabei vor sich hin. Dae schob ihren Arm unter ihn und hob ihn an, als würde sie ein Baby halten. Travis fixierte ihren Finger und griff mit seinen Krallen danach. Dae lachte, die kleinen Kratzer spürte sie kaum. "Na, was treibt dich denn hier her? Das da?" Dae griff nach dem Bündel, das an Travis Halsband hing. Der Kater schnurrte nur und schien rundrum zufrieden und stolz auf sich, den Botengang so gut abgeschlossen zu haben. Dae bettete ihn in ihren Schoß und faltete umständlich mit einer Hand das Papier auseinander. Die kleine Phiole rollte von ihrem Schoß auf die Bettdecke, wo sie beharrlich glitzernd nach Aufmerksamkeit verlangte. Dae erkannte Akkarins Handschrift auf Kilometer. Während sie überflog, was er geschrieben hatte, fixierte Travis die Phiole wie eine freche Maus und hieb mit der Pfote danach. Dae lächelte darüber. "Nich doch, Travis." Sie hob die Flasche auf. "Naja, mal sehen, ob wir das so hinbekommen." Der Kater starrte das Fläschchen noch immer an. Dae lächelte fein. "Nee, Travis, das ist für mich." Damit verstaute sie es unter protestierendem Miaun in ihrem Nachttisch. Dann setzte sie sich im Schneidersitz vor das Tier. "Und du? Hmm, ich denke, du hast dir keine kleine Belohnung für die Reise hier her verdient, hm?" Sie stand auf, Travis immer hinter ihr her, ging in die Küche und füllte ein Schälchen mit Milch. Mina nahm die Sache mit der Maskerade sehr ernst. Sie stutzte beim Anblick des plüschigen Besuchs. "Nanu?" Dae stellte dem Kater das Schälchen hin und er fiel regelrecht darüber her. "Es ist Akkarins Kater." Mina wunderte sich. "Sonst sind es die Lamár, die sich mit Tieren zusammentun." Dae lächelte. "Wir waren noch Menschen, als Travis zu ihm kam."
"Ach so." Travis zuckte mit den Ohren. Ich höre jedes Wort. Dae lächelte noch mehr. "Ich habe bereits meine Kleidung in den Schrank geräumt, doch ich gebe zu, ich bin müde, Mutter." Mina hielt inne, dann verzog sich auch ihr Gesicht zu einem Lächeln. "Dann leg dich zur Ruhe, ich werde mich auch gleich zurückziehen." Dae lächelte. "Und du, Travis? Gehst du jetzt heim?" Der Kater schlabberte seine Milch weiter. Dae lächelte und richtete sich auf. "Dann schlaf gut, Mutter." Mina drehte sich um, um Dae einen sanften Kuss auf die Stirn zu hauchen. Dae war überrascht, aber es war eine so lieb gemeinte Geste, das es sie irgendwo berührte. "Schlaf gut, mein Kind." Dae zog sich zurück. Sie ging in ihr Zimmer und machte sich Bettfertig. Sie nahm die Phiole aus der Schublade. 'Na, einen Versuch ists wert.' Travis huschte durch die angelehnte Tür. Dae schloß sie, als sie fertig war. Das Fenster war offen. "So, mein Kleiner, ich gehe jetzt schlafen." Travis blickte zum Fenster, dann sprang er auf das Bett und rollte sich auf dem Kopfkissen zusammen. Dae stutzte, dann brach sie in Gelächter aus. Katzen waren doch auch größtenteils nachtaktiv. "Ich versteh schon. Aber auf deine Verantwortung." Sie schloss das Fenster und sorgte dafür, das die Vorhänge richtig zugezogen waren. Dann suchte sie mit den Augen die kleinen Kartons ab, öffnete zielsicher einen und nahm ein gerahmtes Bild heraus. Das stellte sie auf den Nachttisch, daneben den Wecker. Auch, wenn sie ihn im Moment nicht brauchte. "Alles klar..." sagte sie leise, kroch unter die Decke und eroberte ihr Kissen zurück. Travis lief einfach einmal um sie herum und legte sich auf den anderen Zipfel. Dae lächelte darüber. Dann löschte sie das Licht.

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 Betreff des Beitrags: Re: Old Ivy Avenue 7
BeitragVerfasst: Di 14. Dez 2010, 20:11 
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Ein sanftes Flattern erfüllte den Raum. Es hörte sich an wie sanfte Flügelschläge. Träumte sie noch? Dae war sich nicht sicher. Sie war noch in dieser wohligen Wärme gefangen, die man verspürt, wenn man grade erwacht. Sie musste also noch träumen. Dann hörte sie das Zischen, das Fauchen. 'Travis!' Dae schlug die Augen auf. Im Zimmer war dunkel, aber der Mond malte helle Flecke an die Wände. Deswegen sah sie auch, das die Vorhänge aufgezogen waren, weshalb auch der Mond so hell war. Die Vorhänge verursachten auch das flatternde Geräusch, denn der Wind wirbelte sie herum. Der Wind? Dae starrte auf den Boden, auf dem sie den Schatten sah: Den Schatten, der in ihrem Fenster hockte. Dae richtete sich auf und drehte sich dabei herum. Das Fenster stand offen, die Vorhänge flatterten und jemand kauerte auf der äußeren Fensterbank, aber weil er den Mond im Rücken hatte, wusste Dae nicht, wer es war. Er wirkte groß und kam ihr wahnsinnig bekannt vor. Aber woher nur? Dae starrte ihn an, dann öffnete sie den Mund, um etwas zu sagen und alles wurde dunkel. Wie als hätte jemand Tinte über ein Bild gekippt, verblassten die Farben, dann war es total dunkel. „Was passiert hier?“ Dae schloß die Augen und rieb sie, dann riss sie sie wieder auf. Sie lag auf dem Rücken in ihrem Bett und starrte an die Decke. Sie war ordentlich zugedeckt, das Fenster war geschlossen. Es war vollkommen still, nur das Tapsen von Travis Pfoten auf der Matratze machte leise Geräusche. Dae setzet sich auf. 'Hallelujah, was war denn das?'
Dae schwang die Beine aus dem Bett und stand auf, denn im Bett liegen und Grübeln, über einen Traum, war Zeitverschwendung, vor allem mit einem bettelnden Kater vor der Nase. Sie tappte ins Bad, wusch sich, zog sich an, zähmte ihre Haare und ging essen. Dabei musste sie die ganze Zeit Travis ausweichen und lachte. „Na, geh besser weg, sonst wirst du nass.“ Der Kater legte den Kopf schief und Dae kicherte. „Das erinnert mich daran, wie ich mal eine Woche auf dich aufgepasst habe. Da warst du noch ganz klein und bist mir überallhin nachgelaufen, sogar in die Dusche. Da sahst du dann, mit einem dicken Tropfen auf der Nase und den Pfötchen im Wasser. Ich hab dich rausgeholt und abgetrocknet und dann sahst du aus wie ein flauschiger Ball.“ Travis miaute, Dae kicherte und zog den Vorhang zu. „Das ist jetzt vier Jahre her, Travis. Vier Jahre.“ Nachdem sie es geschafft hatte, ihre Morgentoilette zu erledigen, ohne über den Kater zu fallen, ging sie in die Küche und machte Mina darauf aufmerksam, das sie wach war. Da sie kein Katzenfutter im Haus hatten, musste sich Travis mit einigen Scheiben Wurst und Milch aus dem Kühlschrank begnügen. Danach zog sich Dae in ihr Zimmer zurück, um die Kartons auszuräumen. Erneut öffnete sie das Fenster. „Na?“ Travis sah zwischen Fenster und Dae hin und her, dann sprang er zurück auf das Bett, kreiste ein paar Mal um sich selbst und legte sich dann hin, den Kopf auf die Pfötchen und nur ein Auge halb geöffnet. Dae lachte und schloß das Fenster wieder. Dann setzte sie sich auf den Boden und räumte aus. Mina kam herein. „Kann ich dir helfen?“ Dae lächelte. „Ja, gerne.“ Sie öffneten einen der Kartons und begannen, die Kleidung darin in den Schrank zu räumen. Dae hatte nie besonders viele Klamotten besessen und es waren auch nicht viele aus ihrer Wohnung geholt worden. Dae entdeckte etwas blaues, holte es heraus und lächelte, als es entfaltete. Es war eine Uniform, ein Kleid, wie es ein Hausmädchen trug. Mina musterte es. „Ich wusste nicht, ob du es behalten willst...“ Dae strahlte. „Doch gerne, danke.“ Da Mina noch immer fragend schaute, erklärte Dae lächelnd: „Die Uniform habe ich in meinem Job getragen. Ich habe in einem Hotel gearbeitet, erst als Zimmermädchen, dann als Küchen- und Zimmerservice. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht.“ Mina betrachtete die Uniform. „Es muss ein gutes Hotel gewesen sein.“ Dae hängte die Uniform in den Schrank. „Vier Sterne. Es gehört der Tante eines Freundes. Als ich damals gesagt habe, ich bräuchte einen kleinen Job, um meine Wohnung zu finanzieren, hat sie mich eingestellt. Ich habe nach dem Unterricht gearbeitet, oft auch auf Abruf, falls jemand ausfiel.“ Daes kleines Schmuckkästchen stellte sie auf das Regal, ebenso wie die Spieluhr von ihrer Großmutter, die Mina erstaunt betrachtete. „Meine Oma hat sie mitgebracht, als sie aus Deutschland herkam.“ sagte sie. „Das Ding ist sehr alt, deswegen passe ich gut darauf auf.“ Ein anderer Karton enthielt noch mehr Sachen, ein paar Fotos, einen sehr dicken Block, ein paar Farben und ein Buch. Dae nahm es heraus. „Ich brachte es, weil das Mädchen auf dem Cover dir so ähnlich sieht.“ sagte Mina. „Das bin ich.“ antwortete Dae und Mina drehte sich verblüfft um. Dae lachte. „In dem Hotel habe ich die Autorin getroffen, sie brauchte Hilfe und ich wurde heraufgeschickt. Ich las ihre Bücher sehr gern und freute mich, sie zu treffen, da ich wusste, das sie auf Promotion-Tour war. Sie erzählte mir von ihrem neuen Buch und auch davon, das sie kein Model auf dem Cover wollte. Also fragte sie mich. Ich hab mich sehr gefreut. Sie sagte, mein Gesicht sei vielleicht nicht das hübscheste, aber es hätte Charakter und würde passen. Es hat Spaß gemacht, die Bilder zu machen. Zumal die Protagonistin mir doch nicht ganz unähnlich ist.“ Dae kicherte bei der Erinnerung, dann stellte sie das Buch zu den anderen ins Regal. Beim Ausräumen des letzten Kartons fiel Dae eine CD in die Hand. Sie sah darauf und es versetzte ihr einen Stich. Mina sah sie an. Dae biss sich auf die Lippe und machte eine unbestimmte Bewegung. „Es war ein kleines Geschenk, es hat mir unheimlich geholfen.“ Es war eine Amateuraufnahme, auch das Cover veriet das. Darauf standen groß die Buchstaben BF. Dae legte die CD in den Nachttisch. Damit waren sie fertig. Mina sammelte die Kartons. „Komm mal mit, Schatten.“ Dae stand verwundert auf und folgte ihr in den Flur, wo sie die Leiter zum Dachboden auszog und die Kartons nach oben balancierte. „Komm herauf.“ Dae stieg die Leiter hoch. Travis blieb unten, Dae sah ihn an. „Du nicht?“ Die Katze antwortete mit einem Miauen. Dae lächelte. „Ja, zu viel Staub, ist mir klar. Du bist eitel, Travis, warst du schon immer.“ Mina hatte gerade die Kartons abgesetzt und klopfte sich die Hände ab. Der Dachboden war hoch genug, um zu stehen und hatte sogar hier und da kleine Podeste, um Dinge abzustellen. Dae staunte. Mina ging zu einem der Podeste, nahm die Kisten herunter und klappte es auf! Dae ging zu ihr herüber. „Was...?“ Das Funkeln von Metall sagte bereits alles. Mina nahm ein langes Schwert aus der Kammer, musterte es, dann Dae und schüttelte denn den Kopf. „Zu lang.“ sagte sie. Sie drehte sich um und wühlte. „Was ist deine Führhand, Schatten?“ Dae war so erschrocken, das sie erst nichts sagte. „Ähm... Rechts. Ich bin Rechtshänderin.“ Mina nickte. „Du bist nicht sonderlich groß...“ Sie kramte und zog schließlich ein Schwert hervor, das nicht ganz so groß war. Sie hielt es Dae hin. Dae starrte es an. „Als Nachtjäger musst du immer in der Lage sein, dich zu verteidigen, Schatten. Nicht nur gegen die, die uns jagen, sondern auch gegen die von uns, die dich als Konkurrenz sehen. Und gegen die, die du jagen musst.“ Dae griff nach der Waffe. „Wie fühlt sie sich an? Liegt sie gut in der Hand?“ Dae wog das Schwert. „Ich habe nur einmal ein Schwert in der Hand gehabt, Mutter.“ Mina machte sich daran, Dae das wichtigste zu erklären. Ihr Vorwissen war gering, obwohl sie sich im Zuge einiger Geschichten, die sie gelesen hatte, schon einmal mit Waffen auseinander gesetzt hatte. Zu Minas Freude lernte Dae schnell. Da sie relativ klein war, musste ihre Waffe gut ausbalanciert sein. Mina würde das Kind etwas stärken müssen, damit sie genug Kraft hinter die Klinge brachte, aber sie war schnell, konzentriert und vor allem wendig. Dae hatte erst einmal ein Schwert geführt, als sie mit der Schule in einem Mittelaltermuseum gewesen waren. Nach der Führung waren alle ausgeschwärmt, um einkaufen zu gehen oder „sich einen aufzureißen“, sie sie zu sagen pflegten. Dae hatte ein kleines Schild gelesen und war im Museum geblieben, wo ihr tatsächlich jemand auf Anfrage eine Nachbildung eines Schwertes gab, wie auf dem Schild stand. Das wurde dort angeboten, damit sich Leute eine bessere Vorstellung von dem Gewicht machen konnten. Der Professor hatte ihr gezeigt, wie man es hielt und wie m es geschwungen hatte, deswegen kam Dae damit schon relativ gut zurecht. Der Rest würde kommen. Sie versprach, gut zu üben. „Gut, dann noch eine Fernwaffe.“ Mina stöberte und Dae linste ihr über die Schulter. „Mein Sire hat seine Waffe von seinem Sire bekommen und so geht das weit, weit zurück.“ erklärte Mina. „Wir alle schöpfen aus dem Arsenal der Vorgänger und rüsten so unsere Nachkommen aus. Aha.“ Mina zog eine Waffe heraus und reichte sie Dae. „Wenn ich sie ein wenig verändere, wird sie schon passen. Kannst du schießen?“ Dae nahm ihrer Mutter die Pistole aus der Hand, besah sie, ließ das Magazin ausgleiten und wog die Waffe anschließend in der Hand. Sie rammte das Magazin wieder hinein, wog die Waffe erneut und hob sie, um einen Fleck auf der Wand anzuvisieren. „Ja, kann ich.“ Sie senkte den Lauf. „Sie ist etwas unhandlich.“ Mina nahm die Waffe wieder an sich. „Ich lasse sie bearbeiten. Nun, Schatten, woher kannst du schießen?“ fragte sie, während sie die Waffe in einen Koffer steckte. Dae sah ihr dabei zu. „Ein Freund hat es mir beigebracht.“ Mina schloß den Koffer. „Ein Sportschütze?“
„Ein Polizist.“ Mina reagierte überrascht. Dae musste lächeln. „Vermisstenabteilung, 53. Revier. Dummerweise konnte er mir seine Waffe nicht überlassen, weil es seine Dienstpistole war.“ Dae erinnerte sich noch gut an das Gespräch. Es kam ihr nicht so lang vor, wie es zurücklag. Das Geräusch von Schritten im Flur ließ die beiden Frauen aufblicken. „Mina? Dae?“ Mina wand sich zur Leiter. „Ja? Wir sind auf dem Dachboden, Darling.“ Dae kicherte. Die Vorstellung einen Mann wie Rick 'Darling' zu rufen, fand sie lustig. Obwohl das noch passender war als 'Schnuckilein', wie es andere Frauen machten. Ricks Kopf tauchte in der Luke auf. Mina trat zu ihm und hockte sich hin, damit sie ihn schon Küssen konnte, bevor er auf dem Dachboden war. „Was gibt es denn?“ fragte sie, als sie ihn ansah. „Was geschah, du schaust so ernst.“ Rick winkte mit einer Zeitung. „Ich fürchte, wir haben Schwierigkeiten.“ Er legte die Zeitung auf einen Karton und Dae starrte darauf. Sie war auf Seite 5 vorgeblättert. Minas Blick wanderte von dem Foto zu ihrer Tochter. „Dae...?“ Dae starrte auf die großen schwarzen Lettern darüber. Ehemalige Zeugin verschwunden. Sie schnappte nach Luft. 'Man hat mein Verschwinden schon bemerkt! Ich dachte, als Vermisst gilt man erst nach 48 Stunden.' Dae griff nach dem Papier und ihre Augen wanderten über den Artikel. 'Sie haben Kampfspuren gefunden und Blut, deswegen also.'
Die Bildunterschrift lautete: Ein Archivbild der damals 17jährigen, deren Aussage neben der des Opfers entscheidend für den Ausgang des Di Bariello-Prozesses war. Dae erkannte das Bild, man hatte es auf der Treppe zum Gerichtsgebäude gemacht. Sie schluckte. Der Text besagte, das sie seit vorgestern Nacht nicht mehr gesehen worden sei.
Momentan geht die Polizei von einem Racheakt aus. Die junge Frau war bereits vor 8 Monaten, kurz vor Beginn des Prozesses, aufgrund von mangelndem Polizeischutz in Lebensgefahr geraten. „Uns ist klar, welch schwerwiegenden Fehler wir damals begangen haben.“ sagte Inspektor Carter unserem Reporter. „Doch hat niemand, auch nicht Miss Aaron oder ihre Freundin Miss Di Beriello mit einer anhaltenden Bedrohung gerechnet. Trotzdem müssen wir im Moment leider von einem Racheakt ausgehen und werden uns bemühen, alle anderen Beteiligten unter strengeren Schutz zu stellen.“ Nachdem die jetzt 18jährige den ganzen Tag nicht zu erreichen war und auch die Tür nicht öffnete, schritten ihre Freunde ihren Weg von ihrer Wohnung zu der gestrigen Bühne ab und stießen dabei in einer Seitengasse auf eine Tasche, sowie Kampf- und Blutspuren. Die sofort benachrichtigte Polizei konnte der Öffentlichkeit noch keine genauen Ergebnisse mitteilen.
Dae sah auf und wusste nicht genau, was sie denken sollte. Mina und Rick sahen sie an. „Alles ok?“ fragte Rick. Dae nickte. „Ja, aber ich habe nicht daran gedacht.... Ich meine... jedes Jahr verschwinden so viele Menschen, warum sollte um mich so ein Aufheben gemacht werden? Das man da Rückschlüsse ziehen würde... daran habe ich nicht gedacht.“ Sie schüttelte den Kopf. „Möchtest du erzählen davon?“ fragte Mina. Dae dachte nach. Wollte sie? Konnte sie? Sie dachte zurück und sofort befiel sie Angst wieder, hörte sie das Splittern von Holz, das Röhren, den Motor. Sie schüttelte den Kopf. „Nein, alles nicht. Aber ich hatte eine alte Schulkameradin getroffen, die.... Ihr Vater und sie hatten.... ach, dafür gibt es kaum ein Wort.“ Dae schüttelte wieder den Kopf. Mina sah sie einen Moment an, dann nickte sie. „Ok. Nun, lasst uns nach unten gehen.“ Mina und Rick gingen ins Wohnzimmer, um sich um die Pistole zu kümmern, Dae ging in ihr Zimmer. Sie setzte sich und sah aus dem Fenster. Es würde in zwei Stunden hell werden, Rick also vermutlich bleiben. Travis strich um sie und schnurrte. Dae streichelte den Kater sanft. „Und was genau mach ich jetzt, Travis? Muss ich jetzt aufpassen oder muss ich mir keine Gedanken machen?“ Sie sah hinaus, während sie der Kater auf ihrem Schoß zusammenrollte. Natürlich hatte sie an ihre Freunde und ihre Familie gedacht und daran, was sie denken würden, fühlen würden, wenn sie erfuhren, das sie für immer verschwunden war. Aber sie hatte nicht daran gedacht, das man sie in solchem Ausmaß suchen würde. Sie hatte gedacht, die Geschichte sei längst vergessen. Travis sprang auf die Fensterbank und weckte Dae so aus ihren Gedanken. „Na, jetzt also doch?“ Sie lächelte, stand auf und öffnete das Fenster. Travis tappste hinaus, dann schaute er sie nochmal an. Dae kraulte ihn hinter den Ohren und er schnurrte. Dann huschte er hinaus. Dae schloß das Fenster und ließ sich rücklings auf ihr Bett fallen. Sie starrte an die Decke und dachte nach. Mina und Rick und vermutlich auch die Camarilla würden sich schon eine Geschichte einfallen lassen, trotzdem traf Dae die Schwere ihrer Entscheidung jetzt erstmals mit voller Härte. Sie drehte sich auf die Seite und starrte jetzt die Wand an, aber sie war noch so müde und ihr Körper noch geschwächt und so schließ sie über ihre Grübelei schließlich ein.

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 Betreff des Beitrags: Re: Old Ivy Avenue 7
BeitragVerfasst: Sa 15. Jan 2011, 21:52 
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Dae erwachte mehrmals noch tagsüber, schaffte es aber jedesmal, schnell wieder einzuschlafen. Endgültig wach war sie dann kurz nach 21 Uhr. Etwas brummig gelaunt schlurfte sie ins Bad. Als sie es wieder verließ, fühlte sie sich wacher, aber sie hatte noch Kopfschmerzen. Sie ging in die Küche, wo sie sich ein Glas Wasser eingoß. Sie öffnete das Fenster und ließ sich in den Sessel sinken. Die frische Luft und das Wasser wirkten ihre Magie und nach 10 Minuten ging es ihr etwas besser. Dae blieb eine Weile sitzen, das Glas noch in den Händen und sah zu, wie sich die silbernen Strahlen des aufgehenden Mondes darin brachen. 'Ich bin noch kaum zwei Tage in diesem neuen Leben, eher Nachtleben, und schon geht alles drunter und drüber.' Sie hatte jetzt ein Jahr lang Ruhe gehabt. Und was für ein Jahr es gewesen war, das sie hinter sich hatte! 'Ich hatte mir doch grade erst was aufgebaut, gerade erst angefangen. Ich hatte doch endlich wieder alles im Griff. Warum denn ausgerechnet jetzt?' Ja, sie hatte sich ein eigenes Leben aufgebaut. Sie hatte ihren Abschluss gemacht, sie hatte einen Job, eine Wohnung, einen Freundeskreis, sie war auf dem besten Weg, sich wieder zu verlieben, endlich mal wieder und sie hatte fleissig für die Aufnahmeprüfung für die Kunstakademie gelernt. Und sie hatte Freunde gehabt. Jetzt dachte Dae an sie. Es musste ihnen furchtbar gehen. Dae wusste, wovon sie sprach. Obwohl Dae wusste, das es nicht bringen würde, ihrem alten Leben hinterher zu trauern, viel es ihr doch schwer, loszulassen. Sie war ganz froh, als sie hörte, wie Minas Schlafzimmertür geöffnet wurde. "Guten Abend, Mutter."
"Oh, Guten Abend, mein Schatten. Bist du schon auf?" Mina klang überrascht. "Ja, tagsüber schlafen, das ist noch etwas ungewohnt." Mina lachte. Ihre Schritte näherten sich. "Ich bin etwas später dran als gehofft, könntest du schonmal Kaffee aufstellen?" Dae erhob sich. "Natürlich." sagte Dae und stand auf. "Oh, und deine Waffe ist wieder da, sie liegt in der Halle im Packet." Dae sah auf. "Ah, ok." Sie ging in die Küche und setzte Kaffee auf. Dann nahm sie rasch die Tassen von gestern und spülte sie ab. Dabei summte sie eine sanfte Melodie, die den Kopfschmerzen endgültig den Rest gab. Mina kam in den Raum, als der Kaffee gerade fertig war und Dae kippte sanft Blut aus einem Milchkännchen hinein. "Ist das Scarborough Fair?" fragte die ältere Malkavianerin. Dae nickte, als sie ihrer Erzeugerin die Tasse reichte. Mina nahm sie entgegen. "Oh, es ist eins meiner Lieblingslieder, noch immer. Wir haben es gerne gesungen, als ich noch mit meiner Mutter und meinen Schwestern am Kamin saß. Damals war es natürlich noch nicht ganz so alt." Sie setzte sich an den Sofatisch. Dae trocknete die Tassen ab. "Wann hast du genau als Mensch gelebt. Mutter?" Mina schlürfte an ihrem Kaffee. "Ich wurde geboren im Jahre 1821, mein Kind." Dae ließ die Tür zum Schränkchen los und es gab ein sanftes Knallen. 'Sie ist viel älter, als ich gedacht hätte!'
"Ich komme ursprünglich aus England und vermisse es manchmal, aber es war besser, ins Neue Land zu ziehen, wo mich niemand hätte erkennen können." Dae nickte. Jetzt verstand sie, warum Mina das Lied mochte. Dae mochte es auch. Während sie die Tassen wegräumte, sang sie es. Mina hörte zu. Als sie ihre Tasse geleert hatte, stand sie auf, um Dae zu umarmen. "Ach, es tut gut, es zu hören, danke. Nun, mach es gut, ich muss zur Arbeit gehen." Dae wünschte ihr einen schönen Tag. Sie räumte noch fertig die Küche auf und zog sich in ihr Zimmer zurück. Das Klopften ihres Handys ertönte, bevor sie beschloßen hatte, was sie nun machen sollte. Sie rief die SMS auf. 'Oha, das muss die Auftakt-Mission sein.' Dann stockte sie. Ihre Hände wurden kalt, dann warf sie das Mobil auf ihr Bett. Es federte zurück, dann blieb es liegen. Sie fluchte auf übelste Weise und da sie im Ghetto gelebt hatte, war das wirklich übel. "Muss das sein? Verdammt!!" Sie schlug mit den Fäusten auf die Tischplatte, sie zitterte vor Wut. Aber Dae zwang sich, sich zu beruhigen. Sie würde nicht eben mal anrufen können, um ihren Partner austauschen zu lassen. Dae wartete, bis sie sich wieder gefasst hatte, dann riss sie ein schwarzes Kleid und ein graues Oberteil aus dem Schrank, dann warf sie die Haushose auf den Boden und zog sich um. "Na, mal sehen, wie sehr es ihm gefällt, die neue Dae kennen zu lernen. Ha! Der wird sich wundern." Sie trat an den Spiegel und kämmte die Haare. Dann packte sie ihr Mobil, ihr Portmonee und einige andere Utensilien ein und ging in den Flur. Sie packte die Waffe aus, die nun etwas verändert war. Der Lauf war wesentlich kürzer und die Waffe war ein klein wenig schwerer. Dae brachte das Packet in ihr Zimmer, griff nach 7 Magazinen und hielt inne. Dann steckte sie drei davon ein. Wenn sie in einen Schusswechsel geraten würde, in der sie so viele Kugeln brauchte, dann standen die Chancen verdammt gut, das die Mission scheiterte. Sie warf einen letzten Blick auf die Adresse. 'Das ist ja wirklich nicht weit von hier. 10 Minuten Fußweg von hier.' Dae sah sich an. 'Gut, auf gehts.' Sie nahm ihren Schlüssel und schloß die Tür, dann machte sie sich auf den Weg.

Dae >>>> Jefferson Hill 8

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 Betreff des Beitrags: Re: Old Ivy Avenue 7
BeitragVerfasst: Do 3. Mär 2011, 22:09 
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Dae <<<< Jefferson Hill 8

Rick setzte Dae auf das Sofa und ging im Bad den Verbandskasten holen. Dae sah sich um, sah und hörte aber nichts. „Ist Mina noch nicht zu Hause?“ fragte sie Rick, als er wiederkam. Er schüttelte den Kopf. „Sie kommt aber gleich.“ Er legte zwei Stützen an und bandagierte das Handgelenk. „Es wird morgen oder übermorgen wieder vollkommen in Ordnung sein, aber wir wollen ja schon, das es grade zusammenwächst.“ Dae biss die Zähne zusammen. „Au.“
„Bin jetzt fertig.“ Dae zog ihm das Handgelenk weg und betrachtete den weißen Mull. „Ich bin keine zwei Tage Vampir und schon verletzt.“ murmelte sie. 'Und das nicht nur Äußerlich.' Die Tür ging auf, ein Schlüssel klingelte. Rick stand auf und lief Mina entgegen. Dae blieb sitzen. Sie wusste nicht, wie sie sich Mina gegenüber erklären sollte. Erst sah sie auf ihre Hände, dann blickte sie auf zum Fenster. Weit in der Ferne kündigte ein sanftes Grau den neuen Tag an. Die meisten Sterne waren bereits verblasst und kleine Wölkchen zogen in gemässigtem Bummeltempo über den Himmel. In ihrem alten Leben wäre Dae in zwei oder drei Stunden aufgestanden, hätte sich gewaschen und gefrühstückt, ihre Mappe gepackt und dann gelesen, mit Musik aus dem Radio im Hintergrund. Vielleicht hätte sie Rául bei sich gehabt, ihn angezogen, ihm etwas zu essen gemacht und er hätte gelacht und mit den Händen nach ihr gegrapscht, wenn er auf ihren Arm genommen werden wollte. Sie wäre mit ihm spazieren gegangen, gegen Nachmittag an der Schule vorbei und sie hätten Cathy aufgegabelt und nach Hause gebracht, wären von Carol sicher zum Essen 'genötigt' worden, wären heim gegangen und Rául hätte im Park Schmetterlinge gejagt, ihr Sand in den Schoß geworfen und auf jedes vorbeifahrende Auto gezeigt und „Wrummm!“ gerufen. Oder sie wären zum Wohnwagen gegangen und Dae hätte Jasons Pullover genäht und gelacht. Jason hätte die Gitarre genommen und gespielt und Dae hätte gesungen und Rául hätte sich im Takt gewiegt und gelacht. Oder sie wäre direkt zum Proberaum gegangen und sie hätten geübt. Oder Darren hätte angerufen und sie mal wieder irgendwohin mitgenommen, in die Stadt oder ins Kino oder zum Mittagessen irgendwohin. In ihrem neuen Leben saß Dae jetzt auf Minas Sofa und wollte nicht denken. Mina kam leise herein und betrachtete ihre Tochter eine Weile genauso stumm. „Ach, Dae.“ Dae wand ihr das Gesicht zu. „Vielleicht wärs doch besser gewesen, du wärst an diesem Abend nicht in der Seitengasse aufgetaucht.“ Mina setzte sich neben sie und nahm sie in den Arm. „Sag das nicht, Dae, sag sowas nicht.“ Dae blieb ganz stumm, aber dann musste sie doch wieder weinen. „Aber das tut weh, so weh! Viel mehr als all das vor ein paar Tagen! Hätte er nicht einfach weg bleiben können? Musste er wieder hier auftauchen und dann...dann...“ Dae schüttelte den Kopf, aber Mina hielt sie noch fest. „Beruhig dich, mein Kind, ganz ruhig.“ Dae krallte sich mit einer Hand ins Sofa. „Nicht ein Wort! Nicht zu einem einzigen Wort hat er sich herabgelassen! Soll er doch bleiben, wo der Pfeffer wächst, der arrogante, egoistische...“
„Aber Dae.“ sagte Mina, um sie zu unterbrechen. Dae wischte sich die Augen mit zittrigen Fingern. „Soll doch so eine Bestie auftauchen und ihn auseinander nehmen wie bei mir. Er hätts verdient.“ Mina schob sie weg und sah sie Ernst an. „Sag das nicht, denn es könnte passieren.“ Dae wischte sich nocheinmal die Augen. „Wie meinst du das denn jetzt?“ Minas Gesicht wurde ernst. „Die ganze Zeit hätte ich schon darüber reden müssen.“ Dae schluckte den Kloß im Hals hinunter. „Stimmt was nicht mit dem Kerl aus der Gasse?“ Mina schüttelte den Kopf. „Nein, ganz und gar nicht. Denn er ist nicht wie wir. Weißt du, Vampire wie Menschen tragen einen Hang zur Zerstörung in sich. Deswegen organisieren sich beide Rassen in einem System, das ihnen Grenzen setzt.“
„Bei uns ist das die Camarilla.“ fügte Rick hinzu und Mina nickte. „Wie bei den Menschen gibt es auch unter uns jene, denen dieses System missfällt. Und genauso wie bei den Sterblichen brechen bei uns einige dieser Personen aus dem System aus. Was beim Mensch oft ohne große Folgen vonstatten geht, wird bei uns zur Katastrophe.“
„Ein wilder Vampir, der sich um unsere Regeln nicht schert, das ist ein Monster, der mordet und verwandelt, wie es ihm beliebt und damit Menschen wie Vampire gefährdet.“
„Und das Wesen, was du dort gesehen hast, war einer von diesen.“ Dae sah sie an. „Was?“ Mina nickte. „Sein Name ist Azazel. Er gehört zu jenen, die die Camerilla verachten, die ohne jegliche Zügel leben. Er ist alt, stark, schnell und gefährlich. Sehr sehr alt, Dae, sehr viel älter als Josef oder ich oder Rick.“
„Manche sagen, er geistere seit Anbeginn der Zeit auf dieser Welt, was natürlich nicht stimmt.“ fügte Rick hinzu. „Und was hat das...?“ setzte Dae an, aber Mina unterbrach sie. „Josef ist schon lange hinter ihm her, denn er bringt uns alle in Schwierigkeiten. Er glaubt, das wir Nachtjäger die Welt besitzen sollten und die Menschen unter uns zu leben haben. Zumindest ist er auf Josef so schlecht zu sprechen wie Josef auf ihn und er wird alles tun, um ihn dazu zu bringen, aufzugeben.“ Dae sah sie an. „Aber woher weißt du das?“ Mina lächelte. „Ich helfe Josef schon, seit wir uns kennen und ich Azazel das erste Mal sah.“ Dae dachte nach. Sie war aber so müde, das sie nicht wusste, wie weit sie kommen würde. Schließlich stand sie auf. „Ich gehe ins Bett. Und wenn dieser Azazel mir die Arbeit abnimmt, Delvon den Kopf abzureißen.... ich werde nicht um ihn weinen. Gute Nacht.“ Dae verließ das Wohnzimmer, zog ihre Tür hinter sich zu und zog sich das Shirt über den Kopf. Es war eins der Stücke, die aus ihrer Mensch-Zeit stammten und am Ärmel von ihr eigenhändig geflickt. Sie griff nach hinten, öffnete den Reißverschluss und stieg aus dem Kleid, dann zog sie die Socken aus und warf sie in die Ecke. Sie fischte das Nachthemd von ihrem Bett und schlüpfte hinein, alles mit mehr oder weniger einer Hand. Sie machte das Licht aus, sodass nur die Nachttischlampe noch Licht spendete. Als sie das Kleid in den Schrank hing, blieb ihr Blick an ihrem eigenen Spiegelbild hängen. Sie war blass, ihr Gesicht weiß, die Augen rot. Sie starrte sich an. „Der Kerl ist keine Träne wert, die ich ihm all die Zeit nachgeheult habe.“ knurrte sie. „Verdammt Meg, musst du denn immer Recht haben? Ich hasse es, wenn ich bemerke, das du die ganze Zeit schlauer warst als ich und das, obwohl du ihn nichtmal kennst.“
'Obwohl... ich kannnicht grade behaupten, das ich ihn besser kenne, was?'
Sie knallte die Tür zu und ging ins Bett.

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 Betreff des Beitrags: Re: Old Ivy Avenue 7
BeitragVerfasst: Sa 31. Mär 2012, 22:45 
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Dae wusste, das sie aufstehen musste, aber sie hatte einen Traum gehabt und wollte noch nicht wach werden. Es war einer dieser Träume, in denen Bilder der Vergangenheit wach wurden und dies war eins ihrer Lieblingsbilder gewesen. Sie hatte in der Küchenzeile ihrer Wohnung gestanden und sich umgedreht, als es geklappert hatte. Cathy hatte auf dem Boden gelegen, die Beine schwangen hin und her, während sie kleine Plastikklötzchen aufeinander stapelte. Sie setzte den letzten oben auf und senkte die Arme. Rául hatte alles interessiert verfolgt. Er war noch so klein, aber sitzen konnte er schon, zwar noch nicht lange, aber immerhin. Seine großen Augen waren auf den Klötzchenturm vor ihm gerichtet. Eine Sekunde starrte er ihn an, dann hob er das kleine Händchen und stieß den Arm vor. Mit lautem Gerumpel stürzte der Turm in sich zusammen. Rául quietschte vor Freude und lachte, während er mit den Händchen auf den Boden klatschte. Cathy lachte, weil er lachte und baute den Turm wieder auf, um das Prozedere zu wiederholen. Dae hatte gelächelt und sich wieder ihren Nudeln zugewand. Cathy war nur manchmal nachmittags vorbeigekommen, wenn ihre Eltern nicht zu Hause und ihr Bruder bei Freunden oder im Training war. Dae hatte ihr dann bei den Hausaufgaben geholfen und sie abends heimgebracht. Jetzt lag Dae im Bett und starrte an die Decke an der Schatten tanzten. 'Arme Cathy. Ich will gar nicht wissen, was sie durchmacht im Moment.' Dae seufzte und stand auf. Sie riss die Vorhänge auf und kniff die Augen zu. Tief, sehr tief, stand die Sonne über der Stadt und schickte die letzten goldenen Strahlen über das Land. Dae machte, die Vorhänge noch in der Hand, einen Schritt vom Fenster weg und wand das Gesicht ab. 'Seit wann ist die Sonne so grell abends?' Sie blinzelte ein paar Mal, dann sah sie wieder hinaus in die Gärten der Nachbarschaft. Es war Abend, die Blütenkelche schloßen sich und aus einem Teich irgendwo in der Nähe hallte ein Quakkonzert zu ihr, als sie das Fenster öffnete. Die Luft im Raum war verbraucht und stickig. Dae rieb sich die Augen und zog die Klamotten fürs Haus wieder an. Als sie in den Flur trat, sah sie erstmal gar nichts und dann alles verschwommen. Dae rieb sich nochmal die Augen. 'Oje, das ist aber nicht gut, ists denn wirklich so dunkel hier drin?' Dae tastete sich ins Bad und erledigte ihre Morgentoilette, umging dabei möglichst den Verbandsmull um ihr Handgelenk, das kaum noch schmerzte, dann ging sie in die Küche und machte Kaffee. Jetzt hatten sich ihre Augen an das Dämmerlicht in der Wohnung gewöhnt und die Sonne war verschwunden. Dae goß den Kaffee in die Kanne um, als sie Minas Zimmertür das erste Mal hörte. Sie lächelte und suchte im Oberschrank nach dem Milchkännchen, schleppte dann alles ins Wohnzimmer und blieb auf dem Sofa sitzen, mit der Zeitung, bis Mina auftauchte. „Ach, schon wach? Hast du gut geschlafen, Dae?“ Dae nickte und unterdrückte den Reflex 'Guten Morgen' zu sagen. „Ja, habe ich Mutter und du?“ Mina lächelte und mischte sich ihren Kaffee zurecht. „Ich auch, mein Schatten.“ Dae blätterte um. „Die Nacht wolkenlos und klar.“ las sie vor. „Na, das klingt doch gut.“ lächelte Mina. Dae rieb sich nochmal die Augen und beschloß, ihre Mutter zu fragen. Die setzte überrascht die Tasse ab. „Hm, das ist aber seltsam. Aber ich werde mal fragen, was sich da machen lässt, mein Kind. Oh, und ich muss den Wagen in die Reparatur geben.“ Dae sah sie an. „Was ist denn kaputt?“ Mina winkte ab. „Ach, der Anlasser hat wohl Aussetzer, nichts schlimmes, ich fahre ihn in die Werkstatt und hole ihn heute Morgen wieder ab.“ Mina verließ das Haus eine halbe Stunde nach dem Kaffee und Dae beschloß, die letzten Kartons auszupacken und zu saugen. Das Ganze nahm die halbe Nacht in Anspruch, denn Dae hielt immer wieder inne, suchte Plätze für Erinnerungsstücke oder träumte ein paar Minuten vor sich hin. Denn jedes kleine Teil hatte so seine Geschichte. Sie seufzte. 'Ich komme mir vor wie eine alte Witwe.' Dae räumte den letzten Kram weg und sah auf die Uhr. 'So spät schon?' Verwirrt stand sie auf und ging zurück in das Wohnzimmer, wo sie den Rest der Zeit las oder fernsah, als sie bemerkte, das es ihr Schwierigkeiten bereitete, lange auf die kleinen Buchstaben zu schauen. Das frustrierte sie.
Aber Mina schaffte Abhilfe. Denn sie kam mit einem kleinen Etui in der Hand zurück. „Der Wagen ist noch nicht fertig.“ seufzte sie, ließ sich in den Sessel fallen und warf Dae das Etui in den Schoß. „Das tut mir Leid, Mutter. Aber was genau ist dies?“ Mina lächelte. „Das ist für dich. Ein Freund von mir ist Arzt... ich meine, war Arzt. Es sollte dir mit deinen Augen helfen.“ Dae ging ein Licht auf und sie öffnete das Plastikcase. Eine dünne silberne Brille kam zum Vorschein. Interessiert sah Dae sie an. „Probiers ruhig aus.“ Dae setzte das filigrane Gestell auf. „Es steht dir gut.“ Dae sah in den Spiegel. „Etwas ungewohnt.“ stellte sie fest. Mina nickte. „Natürlich, aber ich finde, es sieht sehr hübsch aus.“ Dae lächelte scheu. „Das freut mich.“ Sie rieb sich die Augen unter den Gläsern. „Etwas sehr ungewohnt.“ Aber sie war sich sicher, das sie sich schnell daran gewöhnen würde. Dae schob die Haare zurück und setzte sich wieder, griff nach dem Buch und lächelte. „Es wird schwer, sich dafür erkenntlich zu zeigen.“ Mina lächelte. „Ach nein, mein Liebling, mir fällt schon etwas ein.“ Dae lachte. Ja, da war sie sich sicher.

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